Denker Konstrukteur Verwalter Kommunikator Ästhet Zuhörer Kinästhet Visionär
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Lernpräferenztest Prof. Dr. Franz Josef Röll, Dr. Robert Löw


 
Konzepte Lehrende für Lernpräferenz Zuhörer
   
Lernpräferenz Zuhörer

Konzepte Lehrende

Der auditive-musikalische Präferenztyp erwartet von den Lehrenden einen Unterricht, bei dem vor allem das Gehör miteinbezogen wird. Der Lehrende kann Kompetenzen und Fähigkeiten auch über Dialoge und auditive Interaktion vermitteln. Die Aufnahmefähigkeit des Zuhörers wird stärker, wenn die räumliche und musikalische Intelligenz angesprochen wird und die Lernumgebung ruhig ist.
Musikalische Intelligenz gilt als eigenständige Intelligenz. Die Würdigung dieser intelligenten Denkweise kann helfen die Potentiale des auditive-musikalische Präferenztyps zu erkennen. Kenntnisse von musikalischen Prinzipien können dazu beitragen mehr Verständnis über die Komplexität des musikalischen Ausdrucksvermögens zu gewinnen. Die Darstellung und Diskussion des psychophysischen Ansatzes wird am Beispiel der Filmmusik vorgestellte und diskutiert. Verdeutlicht wird damit, dass die Musik beim Film keine unbedeutende Begleiterscheinung ist, sondern ihm ein konstitutive Bedeutung zukommt.
Der auditiv-musikalische Präferenztyp hat mit dem visuell-ästhetischen Präferenztyp gemeinsam, dass er ganzheitliches Lernen favorisiert. Kenntnisse von pädagogischen Konzepten, die propagieren mit allen Sinnen zu lernen, sind für den Lehrenden von Vorteil. Der Lehrende sollte nachvollziehen welche Ressourcen die Lernenden haben, die eine auditiv-musikalische Präferenz haben. Diese Konzepte sind maßgeblich beeinflusst von der Reformpädagogik. Daher ist es sinnvoll sich auch mit den Grundideen dieser Pädagogik sich zu beschäftigen.

Musikalische Intelligenz

Musikalische Intelligenz ist eine autonome Intelligenzform. Zur musikalischen Intelligenz zählt Howard Gardner die Eignung, Tonfolgen korrekt wahrzunehmen und herstellen zu können, das Beherrschen eines Instruments, das Komponieren und Aufführen eines Musikstücks, ein besonderes Gespür für musikalische Prinzipien (Intonation, Rhythmik, Klangfärbung und Melodie), aber auch ein subtiles Gehör dafür.
Musik erfordert sowohl eine horizontale Weise des Erfassens von Tönen und Tonfolgen über einen Zeitraum hinweg und das vertikale Erfassen, d.h. die Wirkung von zwei oder mehreren Klängen zur selben Zeit (Harmonie und Disharmonie).
Die Musik hat in weitreichenden Einfluss auf das menschliche Symbolsystem. Richard Wagner positionierte gab der Musik in seiner Idee des Gesamtkunstwerks einen zentralen Platz. Der Ethnologe Claude Levi-Strauss identifiziert die Musik als Schlüssel zum menschlichen Denken. Musikalische Intelligenz kann sich mit der sprachlichen, räumlichen oder kinästhetischen Intelligenz verbinden. Besonders mit der räumlichen Intelligenz scheint die musikalische Intelligenz eng zusammenzuhängen. Sie umfasst die Wahrnehmung sowohl auf hörende Weise als auch über die Bewegung. Über Musik lassen sich Gefühle und die Verkörperung von Gefühlen aufnahmebereiten Zuhörer weitergeben. Durch die Regeln der Musiklehre besteht auch eine Verbindung zur mathematischen Intelligenz. Von Pythagoras bis Bach gibt es immer wieder Versuche mathematische und musikalische Ordnungen zueinander in Beziehung zu setzen.
Das musikalische Talent ist die Intelligenzform, die man bei Kindern am ehesten erkennen kann. Bereits bei Kleinkindern ist die Ausprägung ihrer musikalischen Begabung zu identifizieren. Personen, die in anderen Intelligenzbereichen behindert sind, wie auch autistisch gestörte Kinder können eine hohe musikalische Fähigkeit entwickeln. Dies gibt Hinweis auf den autonomen Charakter dieser Intelligenzform. Vermutet werden, dass das musikalische Talent zur Musik weitgehend vererbt wird. Frühes Training und andere prägende Umwelteinflüsse haben gleichfalls Einfluss auf die musikalische Begabung.
Erkennbar ist diese Intelligenzform, wenn jemand gerne singt und musiziert, schnell Lieder lernt, Gefühle in Melodien und Rhythmen erkennen kann, gerne Musik hört, Geräusche bewusst wahrnimmt, Bilder und Aussagen zur Musik assoziieren kann, es ihm leicht fällt Akzente und Dialekte nachzuahmen oder sich mit Summen und Singen begleitet. Musikalische Intelligenz bedarf der Aufmerksamkeit und Konzentration (Notenlesen), aber auch des abstrakten Denkens, das Symbole und Klänge über das Ohr analysiert werden müssen. Über Melodien kann unsere Ausdruckfähigkeit gefördert werden, weil sie die emotionalen Bereiche des Gehirns aktivieren. Ausdauer und Disziplin wird durch das Üben gefördert. Somit werden ganzheitliche Lernprozesse begünstigt.
Nach Auffassung von Gardner handelt es sich bei der »Erfindung« von Musik um keinen (kognitiven) Denkprozess ist, sondern eine Art »Tun«. Der Komponist spreche eine Sprache spricht, die sein Bewusstsein nicht versteht.
Literatur :
  • Gardner, Howard (1999): Intelligenzen. Die Vielfalt des menschlichen Geistes. Stuttgart 2002.
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Musikalische Prinzipien

Jede künstlerische Ausdrucksform basiert auf Prinzipien, d.h. Richtlinien, Regeln, Gesetze oder Grundsätze. Bei Prinzipien (lat. principium = Anfang, Ursprung) handelt es sich um die Ursprünge, die Grundannahmen von Dingen, Methoden und/oder Prozessen. Es handelt sich um Richtlinien, Maxime, Regeln, Gesetz und Grundlagen. Entsprechend gibt es auch bei der Musik »musikalische Prinzipien«.
»So wird die Erkenntnis der Prinzipien zum Prinzip der Erkenntnis für alles Weitere. Und eben indem wir die Prinzipien erkennen, erkennen wir etwas von den Dingen an sich selbst. Die Erkenntnis jeder Sache beruht auf der Erkenntnis ihres Prinzips.« (Paul Natorp zit. in: www.winds4you.at/files/Prinzip_der_Musik.pdf)
Beispielhaft werden hier die Intonation, der Rhythmus, die Klangfarbe, die Melodie und die Harmonie erläutert.
  • Intonation
    Unter Intonation versteht man sowohl die Abstimmung von Lautstärke und Klangfarbe bei Tasteninstrumenten, als auch die Tonhöhe vor allem bei Streich- und Blasinstrumenten sowie beim Gesang. Die kurze Einleitung eines Musikstückes wird ebenfalls Intonation genannt. Von Detonation des Klanges wird gesprochen, wenn es zu einer zu großen Abweichung zum Sollwert kommt.
  • Der Begriff »Intonation« ist dem Gebiet der Sprache (Phonetik) entlehnt. Die Intonation gilt als Grundlage der sinnvollen musikalischen Aussage und der musikalischen Ausdruckshaftigkeit. Es geht um die Herstellung von Gleichzeitigkeit und den Respekt von Eigenheiten der unterschiedlichen Instrumente oder der personellen Stile. Die russischen Musikwissenschaftler Boleslaw Jaworski (1877–1942) und Boris Wladimirowitsch Assafjew (1884-1949) haben die Grundlagen der Intonationslehre konzeptioniert bzw. weiterentwickelt.
    In der russischen Musikwissenschaft werden auch kleine sinnvolle melodische Floskeln als »Intonation« bezeichnet. Folgende Redewendungen sind möglich: »Intonation der aufsteigenden Quarte«, »Intonation der elegischen Sexte«, »aktive Intonation«, »klagende Intonation«, »rufende Intonation«, »Seufzerintonation«, »Intonation der Auferstehung« (im Sinne eines Leitmotivs). Auch Stilelemente können damit bezeichnet werden »Intonationen der Massenlieder«, »Die Intonationen des bürgerlichen Salons der Epoche des Modernismus« etc.
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  • Rhythmus
    Rhythmus (griechisch: ) bezeichnet in der Musik die zeitliche Struktur der Noten und die Folgen von Dauern und Pausen. Bezogen auf eine X-Achse (Zeit) und der Tonhöhe auf eine Y-Achse (Tonhöhe), bezeichnet Rhythmus die horizontale Struktur. Die Harmonie entspricht dann der senkrechten vertikalen Komponente. Rhythmus und Harmonie sind voneinander unabhängig.
  • Aristoxenos von Tarent begründete die Definition des Rhythmus als Dauernfolge. Er bezog auch die Sprachebene im Gesang und die Körperbewegung im Tanz mit ein als ein Ausdruckmittel von Rhythmus und beschränkte ihn nicht auf Tondauer. Erst spätantike Rhythmiker (z.B. Augustinus) führten Pausen im Sinn von leeren Dauern in die Theorie ein. Polyrhythmus wird eine Schichtung von Rhythmen von gleicher Gesamtdauer genannt. Mit Polyrhythmen lassen sich komplexe musikalische Zeitstrukturen realisieren. In der afrikanischen oder der indischen Musik ist Polyrhythmik stark verbreitet. Nicht nur in der indischen Musik gibt es außerhalb der so genannten abendländischen Musik häufig eine vom Taktsystem unabhängige Rhythmik.
    In unserer Kultur ist die Notation der Rhythmen (mit den musikalischen Dauerzeichen der Notenschrift) als Folgen von Notenwerten und Pausenwerten üblich.
    Der Rhythmus nimmt Bezug und Einfluss auf die Betonungsstruktur des meist regelmäßig wiederholten Takts. Wenn der Rhythmus gegen den Grundschlag des Takts geht, wird dies als synkopiert bezeichnet. Das Mischungsverhältnis und wie die Weise seiner Akzente mit dem Grundschlag zusammen fallen oder aber von ihm abweichen beeinflusst wie spannungsreich ein Rhythmus empfunden wird. Rhythmen von Tänzen sind stets taktgebunden und tragen spezielle Namen, z. B. Marschrhythmus, Walzerrhythmus, Tangorhythmus, Sambarhythmus, usw.
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  • Harmonie
    Harmonie (griech. harmonia = (Zusammen)fügung, geordnetes Gefüge) bedeutet allgemein Übereinstimmung, Einklang, Eintracht, Ebenmaß bzw. die Vereinigung von Entgegengesetztem zu einem Ganzen. In der Musik steht der Begriff für den Zusammenklang der Töne. Dies wird auch als vertikale Komponente der Musik bezeichnet, während die übliche Notation als horizontale Komponente der Rhythmik gilt.
  • In der Antike wurden nicht unterschieden zwischen Harmonik und der Theorie der Tonsysteme. Die Bedeutung der Harmonik engt sich seit der Entwicklung der mehrstimmigen Musik mehr und mehr auf den gleichzeitigen Zusammenklang verschiedener Stimmen ein.
    In diesem Sinne werden heute unter Harmonik alle stilistischen Formen des Zusammenklangs von Musik verstanden, das betrifft die frühe Mehrstimmigkeit des europäischen Mittelalters, als auch die Klangstrukturen der Avantgarde. Bei der Harmonik handelt es sich um eine primär abendländisch-europäische Entwicklung.
    Die Harmonik steht enger Wechselwirkung zu anderen Elementen der Musik, z.B. zu Rhythmus und Metrum (Harmoniewechsel fallen meist mit betonten Taktteilen zusammen), zur Melodik (jeder Melodie sind spezielle Harmonien zugeordnet; Begleitakkorde), zum Tempo (langsame Titel fordern größere harmonische Dichte als schnelle) und zur Form (die Harmonik füllt die Form mit Spannung und Entspannung = Auflösung in die Tonika).
    Harmonie entsteht, wenn klangliche Konstellationen und elementare Klangformen zusammenpassen. Bei der Harmonie kommt es darauf an, warum was zusammenpasst. Das Zusammenpassen wird differenziert in Tonarten (Modulation), Dur- und Mollklängen und in Töne (Konsonanz). Eine Klanggestalt bildet die die Grundform einer Harmonie.
    Das Analysieren, Beschreiben und Vermitteln des räumlichen Miteinander von nach musikalisch-akustischen Gesetzmäßigkeiten geordneten Tönen als Zusammenklang (Akkord) sowie die Beziehungen der Akkorde untereinander innerhalb eines bestimmten musikalischen Zusammenhangs (Kadenz) ist Gegenstand der Harmonielehre.
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  • Melodie
    Eine charakteristisch geschlossene Folge von Tönen (in der Vokal- und Instrumentalmusik) wird in der Musik Melodie (griechisch: melos = Lied und odé = Gesang) genannt. Bestimmt wird sie durch ihren Rhythmus und die Richtung (fallend, steigend) der auftretenden Intervalle. Sie wird meist in verschiedene Abschnitte und Motive gegliedert. Charakteristisch für eine Melodie ist deren Wahrnehmung als selbständige musikalische Gestalt.
  • Die Art und Weise der Vertonung eines Liedes (das Lied hat eine schöne Melodie) wird ebenso wie ein einzelnes in einen größeren Rahmen gehörendes Musikstück / Gesangsstück mit Melodie bezeichnet. Bei einer Melodie handelt es sich nicht um eine Abfolge von konkreten Tonhöhen, sondern einer Abfolge von Intervallen, die durch einen Abstraktionsprozess gewonnen wurde. Die Möglichkeit ihrer Wiedererkennung sowie ihrer Reproduktion (unabhängig von der Tonhöhe) ist die maßgebliche Eigenschaft einer Melodie.
    Entsprechend ihrer Historie, dem Musikstil und der Musikkultur unterscheiden sich die Melodien deutlich. Die Gewichtung und Anordnung von Haupt- und Nebentönen, die Anfangs- und Schlussbildung sowie die harmonischen Aspekten und Phrasierung ist das Beschäftigungsfeld der Melodielehre.
    Eine Folge von Tönen wird erst dann zur Melodie, wenn sie eine bestimmte rhythmische Struktur aufweist und damit nicht nur der Höhe nach, sondern auch in zeitlichen Dauern angeordnet sind. Die Abfolge von Tonhöhen und deren zeitliche Anordnung werden als Tonfolge bezeichnet.
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  • Klangfarbe
    Bei der Klangfarbe (Timbre) handelt es sich um einen Parameter des einzelnen Tons. Er wird bestimmt durch die Lautstärke, sein Klangspektrum, das aus dem Grundton, Obertönen, Rauschanteilen besteht und sowie dem zeitlichen Verlauf dieses Spektrums des Klangspektrums.
  • Mit Hilfe der Klangfarbe kann das Gehör Töne mit gleicher Tonhöhe, Lautheit, subjektiver Dauer und Einfallsrichtung unterscheiden. Die Klangfarbe verhilft dazu, vorhandene Frequenzanteile und deren zeitliches Verhalten auf unterschiedlichen Instrumenten hervorgebrachte Töne, aber auch auf demselben Instrumenten unterschiedlich hervorgebrachte Töne zu identifizieren und hörmäßig unterscheiden.
    Die Klangfarbe ist ein fester Bestanteil eines Tons. Sie wird durch sein Schallspektrum definiert und von der Größe, dem Material, sowie der Anregung eines Klangobjekts beeinflusst. Die Klangfarbe hängt ebenfalls von der Anzahl der mitschwingenden Obertöne eines Tones ab. Obertöne (oder Teiltöne) nennt man die Töne wenn ein elastischer Körper nicht nur in seiner Länge schwingt, sondern gleichzeitig auch in der Hälfte, dem Drittel, dem Viertel u.s.w. seiner Länge. Mit dem Tonerklingen auch verschiedene andere nicht einzeln hörbare Töne in unterschiedlicher Stärke und Anzahl mit.
    Gegenüber der Melodie, Harmonie und dem Rhythmus nimmt sie in der Regel eine untergeordnete Position ein. Sie ist allerdings nicht bedeutungslos. Sie wird meist unbewusst und auf emotionaler Ebene wahrgenommen. Dadurch hat sie einen hohen Wiedererkennungswert, wie zum Beispiel die Mundharmonika in dem Film von Sergio Leone »Spiel mir das Lied vom Tod«.
    Eine sprachliche Beschreibung der Klangfarbe ist nicht einfach. Meist wird eine Bewegung oder Raum beschrieben, wie z.B. »hämmernd«, »pulsierend«, »hohl«, oder »metallisch«.
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Psychophysische Ansatz

Der psychophysische Ansatz in der Musik geht von der Hypothese aus, dass Musik unmittelbar bei allen Menschen ähnliche Reaktionen auslöst. Diskutiert wird das hier am Beispiel der Filmmusik. Für Keller (1995) hat die Musik Steuerungsfunktion, sie transportiert die Gefühle, sie bringt den Puls des Zuschauers zum Rasen, lässt seine Hände zittern und schlägt die Kinogänger in Bann. Ob Dinge harmlos, nebensächlich, groß oder wichtig sind, wird nach seiner Auffassung maßgeblich durch die Musik ausgedrückt.
Die Musik schlägt eine Brücke zwischen dem eher nüchtern beobachtenden »objektivierenden« Auge und dem emotionalen Anspruch der Handlung. Keller verweist auf die Nutzung archetypischer Klänge, das Tremolo (Angstbeben, Zittern, Bibbern), der Paukenwirbel (Donnergrollen), tiefe (Dunkel, Nacht) und hohe Lagen (Helligkeit, Licht, Sonne). In der Intervallik diagnostiziert er im »positiven Sextaufschwung« (große Sext) »Ich habe mich ergeben«; in der »melancholischen« kleinen Sext (das Leidensintervall) eine »Schicksalsmelodie«; im Groß-Kleinterz-Gestus eine Dur/moll-»Stimmung«; in den Dissonanzen wie Sekundenreibungen, Nonen und Tritoni erkennt er Nervenkitzel und Anspannung; in den »leeren« Quinten/Oktaven Natur, Weite und Galaxien.
Es werden jedoch nicht nur einzelne Bildsequenzen durch die Musik einem Interpretationsschema zugeordnet, die Musik hat ebenfalls die Funktion, Zusammenhänge herzustellen. Einige der wichtigsten Aufgaben, die nach Keller Musik zu leisten hat, werden im Folgenden skizziert:
  1. Atmosphäre herstellen - Die Titelmusik gilt als Hauptschlüssel der Handlung. Sie gibt Hinweis auf die Grundstimmung des Films. So wird in Hitchcocks North by Northwest der Hauptdarsteller (und damit auch die Gefühle der Zuschauer) durch die Musik von Bernard Herrmann permanent vorangetrieben.
  2. Bilder integrieren - Die entscheidende Bedeutung bei der Filmmusik kommt dem Sound zu, er ist die Botschaft, durch die eine Filmhandlung gehört bzw. »gesehen« wird. Auf der Folie des Sounds finden die Zuordnungen zu den Bildern statt. Die Musik ist eine wortlose Vermittlerin. Bei Rückblenden, wechselnden Bildfolgen und dem Zusammenfügen unterschiedlicher Blickwinkel zu einer Gesamtwahrnehmung kann die Musik Bezüge herstellen.
  3. Epische Bezüge herstellen - In Form von Leitmotiven können unterschwellig Schlüsselstellen »akustisch markiert« und an späteren Stellen wieder abgerufen werden. »Die Wirkung von Musik als »akustische Adressdatei« beruht auf dem sogenannten affektiven Gedächtnis, jener Fähigkeit des Ohres, selbst nebensächlichste akustische Ereignisse auch nach langer Zeit noch der entsprechenden Filmsituation zuzuordnen« (ebd., S. 26).
  4. Emotionen abbilden - Musik kann in die Köpfe der Handelnden eindringen, kann Gefühle »sichtbar« machen. Diese Fähigkeit der Musik nennt Keller »musikalische Röntgenbilder«. Sie gehören zur Essenz der Filmkomposition. Deutlich wird dieses Potential, wenn die stumme Hauptdarstellerin in dem Film Das Piano ihre Emotionen einem Klavier anvertraut. In Schindlers Liste wird John Williams musikalisches Hauptthema zur Geste wortloser Verständigung zwischen den Opfern und ihrem Retter.
  5. Raumgefühl und Zeitempfinden herstellen- Zwischen Tonraum und Raumvorstellungen gibt es ein Analogieverhältnis. Die Musik knüpft an diese Beziehung an. Philip Glass lässt in Koyaanisqatsi mit seiner Musik einen mythischen, imaginären Raum entstehen, Klaus Doldinger gelingt es in dem Wolfgang Petersen Film Das Boot, die räumliche Enge als reale Erfahrung für den Zuschauer zu transformieren. Die Musik kann das Zeitempfinden beeinflussen. Sie kann eine Handlung beschleunigen, verlangsamen oder stillstehen lassen.
  6. Publikum kollektivieren - Kirchenchoräle, Nationalhymnen und Märsche haben seit jeher die »Aufgabe«, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit zu »produzieren«. Auch in Filmen wird Musik als einendes Element verwendet. Meist werden dabei »präexistente«, d.h. bereits vertraute Musiken benutzt. Ein sehr bekanntes Beispiel ist Beethovens Freude schöner Götterfunken, das in dem Peter Weir Film Der Club der toten Dichter eine einschwörende Funktion hat, damit »alle Menschen Brüder werden«.
  7. Psychophysisch konditionieren - In Katastrophen- und Horror-Filmen mischen sich Musik und Geräusche, greifen unmittelbar ineinander, so das das Publikum »in die akustische Mangel« genommen wird. Verstärkt werden diese Tonmischungen durch spezielle Ton-Verfahren, die dazu führen, dass das Publikum psychophysisch konditioniert wird. Ein klassischer Vorläufer dieses Verfahrens ist Alfred Hitchcocks Die Vögel mit der Musik von Bernard Herrmann. Ein aktuelleres Beispiel ist Howard Shores Soundcollage aus dem Thriller von Jonathan Demme Das Schweigen der Lämmer.
Das Problem bei Kellers Analyse ist, dass er ein direktes Analogieverhältnis zwischen »realer Gegenstandswelt und musikalischer Abstraktheit« (1995, S. 33) unterstellt. Der Zuschauer wird, ob er will oder nicht, durch die Musik augenblicklich in eine Stimmung versetzt, die ihn psychologisch konditioniert. Damit ist Keller der Affektenlehre verpflichtet, die davon ausgeht, dass der Musikgenuss zu naturgesetzlichen Reaktionen führt. Der emotionale Inhalt ist, wie bei der Sprache oder beim Bild, aber auch eine symbolische Form, d.h. es ist denkbar, dass im Kontext spezifischer Musik unterschiedliche angeeignet wird. Musikalische Topoi können auch im Kontext von individueller und gesellschaftlicher Rezeption umdefiniert werden. Die Universalisierungen Kellers sind daher nicht haltbar. Das schmälert nicht die Leistung von Keller. Er beschreibt Vorzugsleserichtungen, d.h. es gibt eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Musik die von ihm beschriebenen Effekte auslöst, aber es muss nicht in jedem Falle zutreffen.
Literatur :
  • Keller, Matthias: Sounds of Cinema - Spielarten der Filmmusik (CD). München 1995.
  • Franz Josef Röll: Mythen und Symbole in populären Medien. Der wahrnehmungsorientierte Ansatz in der Medienpädagogik. Frankfurt 1998.
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Ganzheitliches Lernen

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Reformpädagogik

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© Prof. Dr. Franz Josef Röll, Dr. Robert Löw, Hochschule Darmstadt   |   Stand 26.03.2018
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