
Konzepte für Lehrende
Der kinästhetisch-motorische Präferenztyp erwartet von den Lehrenden eine Lernumgebung bei der Denken, Fühlen, Wahrnehmen und Bewegen als Einheit wahrgenommen wird. Mit frontalen Lehrmethoden hat
dieser Präferenztyp Schwierigkeiten. Aktives Gestalten, die Einbeziehung von Lebenswelterfahrung, die Integration sinnlich erfahrbarer Lernprozesse, projektorientiertes Lernen, selbstverantwortetes Lernen
und Raum für Bewegung begünstigen das Lernen bei diesem Lernpräferenztyp.
Bekannt ist dass dem intuitiven Wissen eine immer größere Bedeutung zukommt. Weniger bekannt ist, dass intuitives Wissen in engem Zusammenhang mit
Körperwissen erworben wird.
Während unser Bildungssystem dem »Verstehen« die wichtigere Bedeutung zumisst, lernt der kinästhetisch-motorische Präferenztyp besser durch
»begreifen«
. Die
Feldenkrais-Methode verknüpft ganzheitliches Lernen, Bewegungslernen, reflektierte Körpererfahrung und ursprüngliches Lernen.
Sie belegt, dass die Integration von Körper und Bewegung ein tieferes Verständnis beim Lernen begünstigt. Kenntnisse von pädagogischen Konzepten, die propagieren mit allen Sinnen
(Ganzheitliches Lernen)
zu lernen, sind für den Lehrenden von Vorteil, wenn er nachvollziehen will welche Ressourcen die Lernenden, haben die eine visuell-ästhetische Präferenz haben. Diese Konzepte sind maßgeblich beeinflusst von
der Reformpädagogik.
Daher ist es sinnvoll sich mit den Grundideen dieser Pädagogik sich zu beschäftigen.
Körperwissen
»Wissen« ist ein komplexer Begriff. Er kann eine intendierte Information (inhaltliche Wissensbestimmung) bedeuten, eine Erkenntnis (qualifizierte Wissensvalidierung) oder erworbene Kenntnisse
(pragmatische Wissensbewertung, praktizierte Kompetenzen). Ein Teil unseres Wissens steht explizit zur Verfügung steht, während ein Teil des Wissens genutzt werden kann, aber nur implizit, d.h. nicht
sprachlich zur Verfügung steht. Zu dem impliziten Wissen gehört auch ein körperliches Wissen, das Wissen über bestimmte Bewegungsabläufe (vgl. Pöppel 2000, S. 24).
Wissen über bestimmte Bewegungsabläufe (to be in balance), wie z.B. das Schreiben mit einem Federhalter, das Spielen eines Musikinstrumentes, das präzise Schlagen eines Golfballes nennt Pöppel
(2000, S. 24) körperliches Wissen. Dieses Wissen ist eingebettet in Rituale des Alltags und wird in der Regel nicht hinterfragt. Ebenso ist zu dieser Wissensform die Befähigung intuitive Entscheidungen
treffen zu können zu zählen. Wenn auch dieses (implizite) Wissen selten bewusst ist, ist es jedoch nicht irrational.
Für Varela (2000, S. 144) ist die »Verkörperung« die Voraussetzung sich in der Welt zurechtzufinden. Für ihn sind mentale Fähigkeiten (Wissen) untrennbar mit der Aktivität und Bewegung des Körpers
verbunden. »Das Bewusstsein verkörpert sich durch Handeln. Wahrnehmung ist etwas, das aus andauerndem aktiven Handeln entsteht.« (ebd., S. 149f). VARELA geht dabei von einer sich gegenseitig bestimmenden
intensiven Wechselbeziehung von Innen (lokale Prozesse) und Außen (systemische Zustände) aus. Für ihn ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der letzten Jahre, dass es keine klare Trennung zwischen
Gedächtnis, Gefühl und Vorstellung gibt. Die Basis von Vernunft und Kategorie und für unser gesamtes Handeln sind Affekte und Gefühle, da die Frühphase mentaler Zustände ihre Wurzeln im limbischen System
haben. »Bewusstsein ist seinem Wesen nach etwas was aus einer gefühlsmäßigen Befindlichkeit erwächst, die in den Körper eingebettet ist« (ebd., S. 153).
Das erweiterte Verständnis von Wissen erhielt durch Benner (2001) Einzug in die allgemeine Pädagogik. In der vierten Auflage seiner »Allgemeinen Pädagogik« fügte er die Leiblichkeit des Menschen als
Merkmal menschlicher Praxis seiner Auffassung von Bildung und Bildsamkeit hinzu. Denn der Mensch kann »sich und anderes nur aufgrund seiner leiblichen Verfasstheit spüren, bemerken, wahrnehmen, vernehmen
und verstehen« (ebd., S. 37). Damit knüpfte er an Erkenntnisse an die bereits zu Ende des 18. JH formuliert worden waren. Bereits bei dem Pädagogen
Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1846) wird der Körper als bedeutsamer Teil von Erziehung und Lernen hervorgehoben.
Die psychischen Kräfte (Anlagen), werden von ihm als »Herzenskräfte« bezeichnet. Neben der Steuerung dieser Kräfte nennt er als wichtigen Aspekt die Entfaltung der intellektuellen, kognitiven
»Kopfkräfte« sowie der handwerklichen Fähigkeiten, die »Handkräfte« (Körperwissen). Ziel einer gelungenen Erziehung muss es somit sein, diese drei angeborenen Gesetzmäßigkeiten (Kopf, Herz und Hand)
hinsichtlich ihrer Eigenheiten zu kennen und sie gleichsam im Einklang mit den naturgemäßen Bedingungen derart zu fördern, dass sich der Mensch zu seinen positiven Anlagen hin entwickelt.
Linkempfehlung :
Literatur :
- Benner, Dietrich (2001), Allgemeine Pädagogik: Eine systematisch-problemgeschichtliche Einführung in die Grundstruktur pädagogischen Denkens und Handelns. Weinheim.
- Pöppel, Ernst (2000): Drei Welten des Wissens – Koordinaten eine Wissenswelt. In: Christa Maar; Hans Ulrich Obrist; Ernst Pöppel: Weltwissen Wissenswelt. Das globale Netz von Text und Bild. Köln, S. 21-39.
- Varela, Francisco J. (2002): Die biologischen Wurzeln des Wissens – Vier Leitprinzipien für die Zukunft der Kognitionswissenschaft. In: Christa Maar; Hans Ulrich Obrist; Ernst Pöppel: Weltwissen Wissenswelt. Das globale Netz von Text und Bild. Köln, S. 146-160.

- Wahrnehmung, Körper und BewegungAuf den wechselseitigen Zusammenhang von Wahrnehmung, Körper und Bewegung haben bereits Viktor von Weizsäcker (1950) mit seiner Gestaltkreistheorie und Maurice Merleau Ponty in seiner »Phänomenologie der Wahrnehmung« hingewiesen. Die wesentlichen Merkmale welche Rolle dabei die Körper-Wahrnehmung wird im Folgenden skizziert
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- Körperwahrnehmung ist kontextgebunden: Unser Lebens- und Aktionsraum bestimmt unsere Körperwahrnehmung. Sie ist an einen Standort gebunden (Lebenswelt), der zugleich in wechselseitiger Abhängigkeit steht (Kontext) mit der jeweiligen sozialen, kulturellen und zeitlichen Struktur. Der Mensch ist immer Teil soziokultureller Lebenserfahrungen und -bedingungen.
- Körperwahrnehmung ist vorstrukturiert: Die biografische und die soziokulturellen Lebenserfahrungen lagern sich in Form von Wahrnehmungsmustern und -strukturen in unserem Gehirn ab. Das aktuelle praktische und körperliche Wissen entstand im Handeln und Tun. Alle weiteren Wahrnehmungen und Bewegungen werden von dem jeweils aktuellen Wahrnehmungsmuster geprägt. Die Prägungen sind umso deutlicher wenn sie implizit gespeichert sind, da Wahrnehmen im Rahmen verinnerlichter, inkorporierter Erfahrungen stattfindet. Das gesellschaftliche Wissen, unsere Lebensgeschichte und die Muster unserer Sinneserfahrungen prägen unsere Wahrnehmung.
- Körperwahrnehmung ist selektiv und prädikativ: Der menschliche Organismus nimmt Umweltreize immer als sinnvolle Ereignisse wahr, Körperwahrnehmung ist immer bedeutungsvolles Wahrnehmen. Aus Sicht der Neurophysiologie wird jede Sinneswahrnehmung (aufgrund früherer Erfahrungen und erworbener Wahrnehmungsmuster) vom Gehirn bewertet und führt erst nach einem Abgleich zwischen vorhandenen inneren Bildern und der neuen Wahrnehmung zu einer Reaktion. Die Gestaltpsychologie geht von der Vermutung aus, dass die so genannten Gestaltgesetze unsere Wahrnehmung bestimmen (z.B. Prägnanz, gute Gestalt, Figur-Grundverhältnis). Der Konstruktivismus sagt, dass unsere Wahrnehmung einem aktiven, konstruierten Erkundungs- bzw. Erfindungsvorgang gleich kommt. Die Wahrnehmung orientierte sich dabei an den jeweiligen Ausgangsbedingungen der sozialen Welt. Dem Körper kommt dabei die Rolle des Referenzschemas zu, er fungiert als Gedächtnisstütze. Pierre Bourdieu spricht vom einverleibten Habitus und vom praktischen Sinn, der uns Orientierungshilfe gibt.
- Körperwahrnehmung ist reflexiv: Auch wenn wir es oft nicht bewusst erkennen können schließt Körperwahrnehmung immer auch Reflexionsprozesse mit ein. Auf einer vorsprachlichen Ebene können unsere Sinne Situationen und Bedingungen beobachten, erkennen und beurteilen. Bourdieu (2001, S. 174) geht von einer Fähigkeit der sinnlichen Erfassung und Erkenntnis von Welt aus. Dies führt er darauf zurück, dass der Körper »dank seiner Sinne und seines Gehirns fähig ist, auch außerhalb seiner selbst in der Welt gegenwärtig zu sein, von ihr Eindrücke zu empfangen und sich durch sie dauerhaft verändern zu lassen«, da er ihrem regelmäßigen Einwirkungen sein ganzes Lebens lang ausgesetzt war.
Linkempfehlung :Literatur :- Bourdieu, Pierre (2001): Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Frankfurt.

- Learning by doingJohann Amos Comenius (1592-1670) vertrat die Auffassung, dass die Menschen ihre Weisheit aus dem Umgang mit den realen Dingen schöpfen mögen und weniger aus Büchern. Für John Dewey (1859-1952) bildete der Erwerb von Primärerfahrung bildete auch einen zentralen Punkt in seinem pädagogischen Konzept.
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Im Kontext der Pragmatismusbewegung entwickelte der amerikanische Pädagoge John Dewey (1859-1952) das Konzept der denkenden Erfahrung, das vor allem durch die Formulierung »learning by doing« bekannt geworden ist In der Projektarbeit sah Dewey eine ideale Möglichkeit zur Durchführung seines Konzeptes der »Denkenden Erfahrung«.
- »Ein Gramm Erfahrung ist besser als eine Tonne Theorie, einfach deswegen, weil jede Theorie nur in der Erfahrung lebendige und der Nachprüfung zugängliche Bedeutung hat. Eine Erfahrung, selbst eine sehr bescheidene Erfahrung kann Theorie in jedem Umfange erzeugen und tragen, aber eine Theorie ohne Bezugnahme auf irgendwelche Erfahrung kann nicht einmal als Theorie bestimmt und klar erfaßt werden. Sie wird leicht zu einer bloßen sprachlichen Formel, zu einem Schlagwort, das verwendet wird, um das Denken [...] unnötig und unmöglich zu machen« (Dewey, n. Knoob/Schwaab, S. 174, zit. in: paedagogik.homepage.t-online.de/n_lernfo.htm).
»Denkende Erfahrung« war für Dewey ein konstitutiver Bestandteil von Erfahrungslernen. Es ging ihm nicht primär um praktisch-handwerkliches Tun, sondern auch um die Verarbeitung, das Reflektieren von Erfahrungen, nur dann könnten aus sinnlichen Erfahrungen ganze Erfahrungen gebildet werden. Er forderte, dass Wissensvermittlung und das Denken in eigene Erfahrungsprozesse eingebunden werden Das Zusammenspiel von sinnlichen Eindrücken, emotionaler Verarbeitung und denkender Verarbeitung ergab bei ihm erst die angestrebte Ganzheitlichkeit.Er hatte somit auch den Anspruch, dass Lernende Erfahrungen abstrakt und systematisch durchdringen (denkende Erfahrung). Im Wechsel von sinnlichen Anschauungen, konkreten Befunden und der anschließenden Reflexion und Bewertung kommt es nach seiner Auffassung zu einem Prozess von Assimilation und Akkomodation. In diesem Dreischritt () sah er dein eigentlichen Lernprozess (Knoob/Schwaab, S. 175, 180).Die »denkende Erfahrung« sollte sich prozesshaft entwickeln. Methodisch schlug er vor, dass Lernende sich mit echten Problemen, noch nicht gelöste Sachverhalten auseinander setzen sollten. Nach einer Einschätzung sollten sich Erkundungen einziehen und mögliche Lösungen vorschlagen. Angestrebt waren realistische Lösungen, die praktisch umzusetzen sind. Die Erfahrungswelt der Lernenden sollte bei der Auswahl der Themen ebenso Berücksichtigung finden wie deren Bedürfnisse und Fähigkeiten. Zielorientierung, Planmäßigkeit und Handlungsorientierung verband er mit diesem Konzept.
