
Wissenschaft – Visionär
In dieser Rubrik werden Kontexte zu fachwissenschaftlichen Diskursen hergestellt. Hinweise sollen gegeben
werden auf Forschungstraditionen, deren Ergebnisse nachvollziehbar machen, warum dieser Lernpräferenztyp
durch strukturell-organisatorische Anregungen Impulse zum Lernen bekommt.
Erziehungswissenschaftlern bietet der Konstruktivismus
attraktive theoretische Grundlagen, da er ein praxisrelevantes Konzept anbietet. Es handelt sich sowohl um eine
Erkenntnistheorie, die sich mit der Frage beschäftigt, wie wir zu unseren Erkenntnissen bzw. zu unserem Wissen kommen,
als auch eine Handlungstheorie, da er eine plausible Erklärung über den Prozess von Erkenntnis und Lernen bietet. Die
Lernenden und nicht die Lehrenden stehen im Mittelpunkt dieses Konzeptes.
Beim Konnektivismus
handelt es sich um eine neue Lernmethode im Zeitalter der
digitalen Vernetzung. Es handelt sich um eine lerntheoretische Konstruktion, die durch Begriffe wie
»Schwarmintelligenz« und »Vernetzung« bekannt geworden ist. Lernen wird nicht als individueller und
isolierter Prozess verstanden, sondern als Bestandteil eines komplexen Wissensnetzwerks. Der Lernende steht
vor der Herausforderung das eigene Netzwerk zu nutzen, zu erweitern und zu festigen. Durch Filterung des
Wissens entstehe Lernen.
Konstruktivismus
Lernen wird beim konstruktivistischen Lernkonzept als aktiver Konstruktionsprozess und nicht als passive
Wissensaufnahme verstanden. In Abhängigkeit zu ihren mentalen Strukturen und Überzeugungen konstruieren die
Lernenden ihr Wissen.
Die Lernenden werden nach diesem Ansatz als aktiv erlebt und regulieren den Zugang zum Wissen. Wissen wird in
jeder Situation neu in den Köpfen der Lernenden generiert. Lernende bauen aktiv untereinander vernetzte neue
Wissensstrukturen auf.
Beim konstruktiven Lernen geht es um die Schaffung von Lernkulturen und Lernpartnerschaften. Durch die
Generierung von Lernumgebungen und Lernpartnerschaften (Kollaboration und Kooperation) kommt es zum Erleben
sozialer und emotionaler Einbindung. Nicht der Lehrende, sondern der Lernende steht im Mittelpunkt der
didaktischen Bemühungen. Das Lernen ist dabei ein selbst gesteuerter und sozialer Prozess. Der Lehrer ist
passiv, beratend und unterstützend. Erkenntnisse sind individuelle Konstruktionen auf der Basis subjektiver
Erfahrungsstrukturen. Bedeutungen werden durch Kontextbezüge erschlossen bzw. in der Interaktion ausgehandelt.
Es kommt zu einem Zusammenspiel von Lehrenden, Lernenden und Inhalt. Nicht nur die Inhalte, sondern auch die
pädagogischen Arrangements sind entscheidend. Konstruktivistische Methoden erlauben Autonomieerleben.
Aufgaben können nach eigenen Vorstellungen bearbeitet werden. Beim Handeln stehen Spielräume zur Verfügung.
Dies führt zum Kompetenzerleben, dem Erleben der sachverständigen Lösung von Problemen und der Erfahrung der
eigenen Wirksamkeit.
Die Grundlage des konstruktivistischen Verständnisses von Lernen bildet das Konzept des
situierten Lernens.
Realistische und authentische Situationen stehen auch
im Zentrum des geankerten Lernens
(anchored instruction), der
kognitiven Lehrzeit
(cognitive apprenticeship) und der
kognitiven Flexibilität
(cognitive flexibility theory). Jeweils ist
beabsichtigt, Anwendungskontexte zu integrieren. Im aktiven Lösen von komplexen Problemen wird eine
Verbesserung der Anwendungsqualität des zu erwerbenden Wissens gesehen. Dies gilt auch für das
zielorientierte Lernen (Goal based Scenario). Von problemorientiertem Lernen wird gesprochen, wenn
ausgehend von den situativen Bedingungen auch Instruktion als didaktische Methode einbezogen wird.
Linkempfehlungen :

- Situiertes LernenSituiertes Lernen wird nicht als Methode verstanden, sondern als eine grundlegende Forderung an die Gestaltung von Lernvorgängen. Das situierte Lernen basiert auf authentischen, lebensweltorientierten Problemsituationen.
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Das jeweilige Lernen wird in wirklichkeitsnahe Kontexte eingebunden. Beim Lernen kommt es zu einer Adaption (Eingehen auf) der konkreten Lebenssituationen. Der Ansatz des situierten Lernens sieht Lernen nicht als Resultat von Entscheidungsprozessen des einzelnen Individuums. Lernen ist nach dieser Auffassung in den materiellen und sozialen Kontexten (Lebenswelt) eingebunden. Unter keinen Umständen darf nach diesem Verständnis Lernen von den situativen Bedingungen losgelöst wahrgenommen werden. Dazu gehört auch der Einbezug der historischen und kulturellen Kontexte, in der das Lernen stattfindet. Lernen wird als Prozess aufgefasst, bei dem die individuelle Persönlichkeit des Lernenden, dem Lernenden fremde Komponenten und die konkrete (situative) Situation eine Wechselbeziehung eingehen.Linkempfehlungen :Literatur :
- Mandl, Heinz; Gruber, Hans; Renkl, Alexander (2002) Situiertes Lernen in multimedialen Lernumgebungen. In: Issing, Ludwig J. und Klimsa, Paul, (eds.) Information und Lernen mit Multimedia und Internet: Lehrbuch für Studium und Praxis. 3. Aufl. Beltz, Psychologie-Verlags-Union, Weinheim, S. 138-148.

- Geankertes LernenGeankertes Lernen (anchored-instruction) reagiert auf das Problem, dass im Lernprozess zwar das Wissen erworben, aber in realen Problemsituationen häufig nicht angewendet werden kann. Die fehlende Wissensnutzung soll überwunden werden.Lerninhalte sollen in sinnvollen, problemorientierten und lebensnahen Kontexten verankert werden, so dass die Lernenden motiviert werden, eigenständig Themen zu explorieren, Probleme zu konstruieren und Lernergebnisse zu präsentieren.
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Beim geankerten Lernen ist das Lernen in Kontexte und situiertes Lernen eingebunden. Authentische Lernumgebungen werden kreiert, die auf ein offenes, explorierendes Lernen hin zielen. Die Aufmerksamkeit beim Lernen wird durch den Anker gesteuert. Er soll die Motivation fördern und einen Anreiz bieten, explorativ und eigenständig Probleme zu erkennen, zu definieren und zu lösen. Die Lerninhalte werden in einer für die Lernenden motivierenden, sinnstiftenden Geschichte verpackt. Die Geschichte soll die Lernenden in eine realistische bzw. realitätsnahe Lernumgebung versetzen. Die Problemlösungen werden nicht von den Lehrenden vorgegeben, sondern von den Lernenden generiert. Die Problemlagen müssen als solche identifiziert und formuliert werden. Alle Informationen, die zur Problemlösung beitragen, sind an unterschiedlichen Stellen in das Ankermedium eingebettet. Mit Hilfe der in der Geschichte zur Verfügung gestellten Information, des Vorwissens und der Kreativität einer Kleingruppe werden die Probleme gelöst. Da die Geschichte nicht bis zum Ende erzählt wird, dies ist die Aufgabe der Lernenden, wird die Kompetenz, eigene Problemlösungsstrategien zu finden durch generatives Problemlösen (die Lernenden definieren das Problem) gefördert.Bei dem ursprünglichen Konzept war keine Unterstützung seitens der Lehrenden vorgesehen. Inzwischen werden oft Lehrsequenzen eingebaut, die auf grundlegende Techniken aufmerksam machen und mit gezielten Fragen werden gegebenenfalls »Blockaden« überwunden. Zur Präsentation der Ankergeschichte sind textliche, mündliche und visuelle Präsentationen denkbar. Meist werden videobasierte Anker eingesetzt und/oder produziert, da sie auf Grund ihrer Anschaulichkeit, Informationsdichte und Einprägsamkeit besser als Druckmedien geeignet sind und ein flexibler Zugriff auf die einzelnen Sequenzen möglich ist. Charaktere und Szenerien können in Filmen durch Mimik, Gesten, Ästhetik und Musik lebhafter und eindrucksvoller dargestellt werden. Sie begünstigen die Erinnerungsfähigkeit und eine intensivere Identifikation mit den dargestellten Personen. Auch Lernende mit Schwierigkeiten im Leseverständnis können mühelos komplexe und vernetzte Problembereiche erfassen.Das geankerte Lernen beschränkt die Lernenden nicht auf die Rolle von Wissensrezipienten, sondern lässt sie aktiv und gestalterisch am Lernprozess mitwirken. Da die Geschichten Einblicke in Themen anderer Fachrichtungen geben, wird dem fachspezifischen Blick entgegengewirkt. Mit Hilfe dieses multidisziplinären Ansatzes – die dargebotenen Problemsituationen berühren mehrere Fachrichtungen und berücksichtigen gleichzeitig unterschiedliche Perspektiven – sollen die Lernenden motiviert werden, fächerübergreifend zu denken, um Wissen flexibel anwenden zu können. Gleichzeitig werden die Lernenden bei der Entwicklung allgemeiner mentaler Situationsmodelle unterstützt.
